11.10.2003 Deutschland - Island 3 : 0
Hamburg, AOL Arena
ca. 55.700 Zuschauer (ausverkauft)
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Vorbericht:
Für das Spiel nominierte Spieler:
1. Birkir Kristinsson 15.08.64 ÍBV
2. Árni Gautur Arason 07.05.75 Rosenborg BK
3. Rúnar Kristinsson 05.09.69 Sporting Lokeren
4. Arnar Gretarsson 20.02.72 Sporting Lokeren
5. Hermann Hreiðarsson 11.07.74 Charlton Athletic FC
6. Helgi Sigurðsson 17.09.74 Lyn
7. Þórður Guðjónsson 14.10.73 Vfl Bochum
8. Rikharður Daðason 26.04.72 Fredrikstad FK
9. Brynjar Björn Gunnarsson 16.10.75 Nottingham Forrest
10. Arnar Þór Viðarsson 15.03.78 Sporting Lokeren
11. Pétur Hafliði Marteinsson 14.07.73 Hammarby
12. Eiður Smári Guðjohnsen 15.09.78 Chelsea FC
13. Òlafur Örn Bjarnason 15.05.75 Grindavík
14. Indriði Sigurðsson 12.10.81 KRC Genk
15. Bjarni Guðjónsson 26.02.79 Vfl Bochum
16. Marel Baldvinsson 18.12.80 Sporting Lokeren
17. Ívar Ingimarsson 20.08.77 Wolverhampton
18. Hjálmar Jonsson 29.07.80 IFK Göteborg
19. Veigar Páll Gunnarsson 21.03.80 KR
20. Kristján Örn Sigurðsson 07.01.80 KR


Trainingsplan:
Mittwoch, 8.10., Ankunft in Hamburg.
Mittwoch, 8.10., bis Freitag, 10.10., jeweils morgens und nachmittags Trainingseinheiten, zudem Donnerstag, 9.10., 16.00 öffentliches Training, und Freitag, 10.10., 13.30 Uhr, Pressekonferenz im Marriot Hotel Treudelberg


Aufstellung:
Tor:
Árni Gautur Arason
Verteidigung: Ívar Ingimarsson, Ólafur Örn Bjarnason, Hermann Hreiðarsson
Mittelfeld: Þórður Guðjónsson, Arnar Grétarsson, Arnar Þór Viðarsson, Rúnar Kristinsson, Indriði Sigurðsson
Sturm: Helgi Sigurðsson, eiður Smári Guðjohnsen
Ersatz: Birkir Kristinsson, Rikharður Daðason (67. min. für Indriði Sigurðsson), Hjálmar Jonsson, Bjarni Guðjónsson, Brynjar Björn Gunnarsson (80. min. für Arnar Grétarsson), Veigar Páll Gunnarsson (80. min. für Helgi Sigurðsson), Kristján Örn Sigurðsson

Tore:
1:0 in der 9. min. durch Michael Ballack
2:0 in der 59. mion. durch Fredi Bobic
3:0 in der 79. min. durch Kevin Kuranyi

Karten:
3 Gelbe Karten für Island (Eiður Smári Guðjohnsen, Rúnar Kristinsson, Brynjar Björn Gunnarsson)
2 Gelbe Karten für Deutschland (Arne Friedrich, ChristianWörns)



Spielbericht:

Unser Island- Wochenende begann schon am Donnerstag Nachmittag mit dem öffentlichen Training der Jungs in Glashütte. Nach ein paar Telefonaten mit dem Nationalteam-Beauftragen des KSI hatten wir die Adresse und die Uhrzeit parat und fuhren gespannt zum Trainingsplatz. Super Timing, genau hinter dem Mannschaftsbus kamen wir auf den Parkplatz. Es hatten sich nur wenige Zuschauer (Kinder und Rentner und zufällig Vorbeigekommene) eingefunden, zudem einige Reporterteams. Die Security war sehr zurückhaltend und wir konnten ganz dicht an unsere Lieblinge heran. Das Training brachte uns sicher genauso viel Spass wie den Spielern, und es war super, Thoddi und Bjarni von Bochum und Eiður von Chelsea und die 4 Lokeren-Isländer Arnar, Rúnar, Arnar Þór und Marel beim Laufen, Schiessen und Rumalbern zu beobachten. Für den NDR durften wir dann noch ein „Interview“ geben, und die beiden Reporter waren nicht schlecht erstaunt, als wir erklärten wir seien für Island. Noch verwunderter waren die beiden, als ich erklärte, dass mein Lieblingsspieler für Island spielt… Ich musste ihnen Marel zeigen, damit sie ihn filmen konnten, und dann versuchte ich noch zu erklären, wie man als Deutsche an die isländische Nationalelf kommt. Zum Abschluss des Training gab es für mich dann noch ein Foto und ein paar Worte mit meinem Liebling.

Am Freitag ging es mit dem „Ísland á EM“ – Abenteuer dann in Lübeck weiter: Das U21-Spiel war angesagt. Zwar kannte ich vom Namen her nur Hannes Sigurðsson (Viking Stavanger), aber nach genauer Betrachtung der isländ. Mannschaft war schnell klar, das Nummer 2, Haralður Guðmundsson, Nummer 5, Hjálmar Dór Hjálmsson, und Nummer 8, Viktor Bjarki Arnarsson, ganz sicher etwas werden und sich bestimmt bis zur WM 2006 in das A-Team spielen. Für die anwesenden ca. 7000 Zuschauer waren wir die Exoten, sind wir doch in voller Island Montur ins Stadion gepilgert. Mit ein paar Problemen kriegten wir auch die Island Fahne zwischen lauter Deutschland- und HSV-Flaggen gehängt. Das Spiel selber war für die Deutschen eher peinlich, für die Isländer relativ gut. Bis zur 85. min. blieb es 0.0, erst dann schaffte Benjamin Lauth den Führungs- und Siegtreffer zum 1:0. Für die kleinen Isländer hätte ich mir aber trotzdem einen einzigen Punkt gewünscht. Nun mussten sie als Tabellenletzter und mit 0 Punkten heimfahren… Für alle St.Pauli Fans sicher eine schöne Sache: Das isländ. U21 Team wurde in unserem Mannschaftsbus gefahren. Ein Beweisfoto mussten wir natürlich davon machen, es passiert ja nicht so oft, dass der St.Pauli-Bus so weit gereiste Fussballer transportiert. Nach ein paar „3-Punkte-für-Island“-Bieren (echtes isländisches Vikingur!) gings in eine recht kurze Nacht.

Samstag. 11.10.2003. Der Tag, auf den ich mich schon 1 Jahr gefreut hatte. Meine Isländer zu Gast in Hamburg. Meine Isländer auf dem zweiten Platz hinter Deutschland. Meine Isländer mit der Chance, in die Play Offs zur EM zu kommen. Nach einem knappen Frühstück machten wir uns in Island-Kluft und mit ein paar „Kriegsbemalungen“ im Gesicht auf zu der Island-Party an der Trabrennbahn. Schon am Bahnhof Holstenstrasse trafen wir Gleichgesinnte. An der Trabrennbahn angekommen, war die Feier schon in vollem Gange.

Überall Fans in Island Trikots, mit Fahnen und Schals bewaffnet. Die isländische Fan-Hymne „Áfram Ísland“ schallte aus den Lautsprechern und es wurde gesungen, geklatscht, getrunken und geschunkelt. Zu meiner grossen Freude erspähte ich auch gleich einen Bekannten, Snorri, der schon in Glasgow dabei gewsen war. Stolz präsentierte er uns seinen St.Pauli-Bayern-Schal, den er beim Freitagsspiel getauscht hatte. Sein Freund war genauso begeistert von St.Pauli, und hatte sich einen St.Pauli Pin gekauft. Als wir erklärten, dass St.Pauli unser Lieblingsverein sei, wurden wir gleich herzlich umarmt. Nach ein paar Bieren und Gesprächen mit anderen Isländern und ein paar Fotos begann sich dann der Umzug Richtung Stadion zu formieren. Mit einem grossen Plakat voran („Grösse ist nicht alles…“) ging es die isländ. Nationalhymne singend und klatschend zum Stadion. Leider konnten ein paar deutsche Pappnasen es sich nicht verkneifen, die Isländer bösartig zu beschimpfen. Am Stadioneingang keine Fantrennung, erstaunlich wenig Polizei, und Ordner, die kein Wort Englisch sprachen. Fast schon eine Beleidigung für die Gäste…ein Länderspiel ausrichten, und dann die Gäste knallhart in Deutsch ansprechen…naja, AOLA eben.

Leider hatten wir Plätze in 16c, auch noch inder allerletzten Reihe, und dadurch nicht den allerbesten Blick aus Feld, aber dafür war es wenigstens im Island-Block. Für kein Geld der Welt hätte ich bei diesem Spiel mit den deutschen Fans zusammensitzen wollen! Die Stimmung bei den Isländern war gut, Holsten und Tuborg und Gorbatschow Vodka hatten ihr übriges getan, und es wurde gesungen und gerufen, schon bevor die Mannschaften einliefen. Als die Nationalhymnen gesungen wurden, durften wir (welch eine Gnade von dem Ordner) an der Brüstung in Block 15 stehen und unsere Fahne hochhalten. Danach gings auf die Plätze in schwindelerregender Höhe. Mein Lieblingsspieler Marel Baldvinsson war diesmal nicht einmal im Kader und hockte verfröstelt neben dem verletzten Pétur Marteinsson auf einem Stuhl neben der Auswechselbank. Schade, ich häte ihm das Erlebnis in der AOLA zu spielen gegönnt.

17.00 Uhr, Anpfiff, erst ein paar Sekunden gespielt, und schon hat Deutschland die erste Chance! Die erste Halbzeit geht wie im Fluge um, Island mauert hinten, Deutschland spielt in den ersten 10 min. immer wieder fast frei auf das gegnerische Tor, doch dank Árni Gautur bleibt der Kasten bis zur 9. min. sauber. Dann bekommt Ballack den Ball und schiesst das 1:0. Island jedoch gibt nicht auf, und bemüht sich weiterhin ein ebenbürtiger Gegner der Deutschen zu sein. In der 27. min. kann endlich Eiður Smári beweisen, was in ihm steckt. Er schiesst freistehend aufs Tor der Deutschen, doch leider wird seine Aktion wegen Abseits abgepfiffen. Das Tor zählt nicht, und Eiður Smári bekommt auch noch eine Gelbe Karte für den Torschuss nach Abpfiff. Nun ja…Wir auf den Rängen haben jedenfalls schon gejubelt… Bis zur Pause regt sich nicht mehr viel auf dem Feld, Island „rührt Beton an“ in der Abwehr, wie Jolly Sverrisson so schön sagt, und die Deutschen schaffen trotz flüssigen Spiels kein weiteres Tor mehr.

Die Pause nutzen wir zum Bierholen, und stellen einmal mehr fest, dass kaum jemand Englisch spricht, und auch niemand den Isländern erklärt hat, dass das Bier alkfrei ist.
Anpfiff der zweiten Halbzeit, keine Änderungen bei den Mannschaften. Island ist aufgewacht und spielt beinahe fantastischen Fussball. Die Deutschen scheinen überrascht von der Kampfbereitschaft der Eisbären und haben sich spielerisch sehr zurückgezogen. Nach einer Ecke von Thoddi gelangt Hermann an den Ball und köpft ihn an Kahn vorbei ins Tor. Riesenjubel bei uns!!!! Doch, oh weh, was ist nun schon wieder? Der russische Schiri Valentin Ivanov will dieses Tor auch nicht anerkennen…angeblich weil Hermann seinen deutschen Kollegen gefoult hat… Das Jubeln wird von einem abgrundtiefen „BUHHHH“ abgelöst. Wirklich zufrieden kann man mit dem Schiri nicht sein, mehrere Unstimmigkeiten mit dem Linienricher, übersehene Aktionen, und nun das zweite Tor aberkannt…es sieht nicht danach aus, als wenn er wirklich unparteisich wäre. Im Trubel des aberkannten Tores und der isländischen Proteste passiert dann das, was das Spiel entscheidet: Bobic schiesst in der 59. min. das 2:0 für Deutschland.

Inzwischen steht es auch in Schottland 1:0 für Bertis Truppe, und nun kann nur noch ein Sieg den Isländern helfen. Ásgeir Sigurvinsson reagiert in der 66. min. und wechselt den erfahrenen Rikharður Daðason für Indirði Sigurðsson ein, doch es nützt nichts. Unseren Jungs gelingen zwar einige gute Aktionen, doch trotz aller Willenstärke, der Ball will nicht an der deutschen Abwehr und schon gar nicht an Kahn vorbei. Als in der 79. min. dann noch Kuranyi das 3:0 schiesst, ist das Spiel vorbei, zumindest für die Isländer. Auch der Doppelwechsel der Isländer – Brynjar Björn Gunnarsson für Arnar Gretarsson, Veigar Páll Gunnarsson für Helgi Sigurðsson, verändert nichts an der Lage. Eigentlich hoffen wir jetzt nur noch auf ein schnelles Ende. Bloss keine lange Nachspielzeit, in der vielleicht noch das 4:0 fällt… Um 19.47 Uhr, nach 92 min., pfeift der Russe Ivanov endlich ab. Trotz der doch etwas schmerzhaften Niederlage feiern wir unsere Mannschaft mit „Áfram Ísland“ Rufen und beklatschen die ordentliche Leistung.

Bei den Isländern sieht man zwar einige enttäuschte Gesichter, aber zutiefst deprimiert ist niemand. Und spätestens bei Ankunft im Bauernhaus, wo es eine abschliessende Island Party gibt, sieht man nur noch frohe Menschen. Das Bier fliesst in Strömen, es ist rappelvoll, und zur Krönung spielt noch eine isländische Band, Stefán Hilmarsson og Hljómsveit Jóns Ólafssonar. Wir unterhalten uns mit Isländern die wir schon auf der Party vorm Spiel kennengelernt haben, tanzen und fühlen uns rundum wohl. Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell, und gegen 23.00 sitzen wir in einem Bus Richtung Reeperbahn, um dort noch einen Absacker zu nehmen. Gegen 2.00 nachts landen wir dann endlich im heimischen Bett – mit nur noch einem Gedanken: „Áfram Ísland“.


Fotos: